10/05/2011
Donner und Dämonen
ARNDT ZINKANT - Münsterländische Volkszeitung
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Frieder Obstfeld mit der Pianistin Ewa Kupiec
Münster - Malédiction! Dies Wort („Fluch“) notierte Franz Liszt über den Beginn des Klavierparts. Und so heißt auch sein kurzes, überschäumendes Frühwerk, in welchem Blitz und Klavierdonner nur von Streichern umrauscht werden. Auch ein Grund, weshalb Frieder Obstfeld und seine Kammerphilharmonie Amadé es ausgesucht haben - ihre Reverenz an das Liszt-Jahr. Da braucht ́s einen Klavierlöwen, dem beim Anblick der Partitur kein banger „Fluch“ über die Lippen kommt. Frieder Obstfeld brachte eine Löwin mit aufs Podium, die das Stück mit Verve und Wonne aus den Tasten feuerte: Ewa Kupiec. Weltniveau im Waldorfsaal. Geradezu nonchalant rückte die polnische Klasse- Pianistin dem Brocken zu Leibe und entlockte dem Bösendorfer der Waldorfschule alles, was ein Liszt-Fan begehrt. Donner und Dämonie, glitzernde Kaskaden, Teufelstanz und Tastenzauber. Nur eben ohne dräuendes Blech. Doch welch dramatische Power das gute Dutzend Streicher entfachte, war erstaunlich. Ebenso erstaunlich wie das spärliche Publikum: Die international renommierte Pianistin spielte im akustisch famosen Saal vor halbleeren Sitzreihen - Malédiction! Joseph Haydns Klänge besänftigen, und hier sind die Amadés auf gewohntem Terrain. Das G-Dur-Konzert Hob.XVIII:4 kleidet Obstfelds Streichorchester in Samt und Seide, mit filigranem Zierrat. Hier hört man eine andere Ewa Kupiec. Löwenpranken werden zu Katzenpfötchen, deren geschmeidige Läufe übers Elfenbein huschen. Hier passt der dunkle Bösendorfer-Sound weniger, weil er melancholische Herbstfarben über Haydns Rondo-Späße malt. Aber auch das ist bei Kupiec schön anzuhören. Und wenn der Streicher-Sound der Amadés pur erklingt? Dann holen sie aus Liszts „Vier Charakterstücken“ (bearbeitet von Joachim Herbold) feine Fin-de-siècle-Chromatik heraus, die das Ohr betört. Und bei Dvoáks Streicherserenade lässt Maestro Obstfeld auch mal ungestüm die Zügel schießen. Dies berühmte Schmankerl entdeckt man förmlich neu. Allegro vivace!
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